Die Geschichte vom Frosch im Kochtopf kennt jeder: Wirft man einen Frosch in einen Topf mit heissem Wasser, so versucht er sofort, sich zu retten. Wie erwartet. Wirft man das Tier allerdings in lauwarmes Wasser und erhitzt dieses dann langsam, so rührt es sich nicht. Es bleibt einfach sitzen, bis es schliesslich verendet. Begründung: Der Frosch bemerkt die langsame Veränderung der Temperatur nicht und erkennt somit auch nicht die drohende Gefahr.
Die Geschichte gibt als Metapher durchaus etwas her: Es wird langsam wärmer, heisser, enger und erste Verbrennungen hat der Frosch schon. Ich meine damit aber nicht die Klimaerwärmung, sondern ein anderes globales Phänomen, das uns seit eineinhalb Jahren in Atem hält: Corona-Virus, SARS CoV-2, Pandemie, Lockdown, Quarantäne, Impfung und Zertifikatspflicht. Die Themen polarisieren, erhitzen die Gemüter und die Fronten verhärten sich. Der Umgang mit Kritik und unterschiedlichen Meinungen gehört zu einer funktionierenden Gesellschaft, doch von einer zivilisierten Gesprächs- und Diskussionskultur ist bald nichts mehr übrig, Misstrauen und Unmut heizen die Wassertemperatur in unserem Topf weiter an. Doch wer ist eigentlich «der Frosch» in unserer Gesellschaft? Unsere Kinder!
Diese spezielle Situation ist für die Kinder wohl am schwierigsten zu (er)tragen. Übernachtungspartys mit Freunden? Aktuell eher weniger. Mit den Nachbarskindern «dräcklen»? Nur mit ständiger Händedesinfektion. Die Unihockey-Juniorenmeisterschaft ist abgesagt, der Tanzunterricht zwischenzeitlich verboten, die Trampolinhalle geschlossen. Und dann auch noch Schulunterricht mit Maske und strikten Abstandsregeln in der Pause sowie regelmässigen Quarantäne-Tagen daheim – zwischenzeitlich sogar mit Schulschliessung und Fernunterricht. Von Schullagern ganz zu schweigen.
Die Erfahrungen, die ein 12-jähriges Mädchen oder ein 14-jähriger Junge in einem Schullager machen, ja eben machen müssen, können nicht einfach später nachgeholt werden – das Jahr ist in dieser Hinsicht unwiderruflich verloren. Eine weitere Schulschliessung ist daher – das ist mittlerweile wohl allen klar – unter allen Umständen zu vermeiden. Und mit Schulbetrieb sollte ganz sicher nicht nur der MINT- und Sprachunterricht gemeint sein, sondern eben auch Sport- und Musikunterricht, Exkursionen, Projektwochen und (Schneesport-)Lager. Ausflüge und Lager könnten sich positiv auf die Bewältigung der Aus- und Nachwirkungen auswirken und somit ein Ventil für den Corona-Alltag sein – und letztlich ein Abkühlen des Wassers im Topf bewirken, um zu unserer Metapher zurückzukehren. Wir sollten diese ausserschulischen Aktivitäten also zukünftig noch mehr fördern, als zu verbieten.
Diese Verbote haben in der letzten Wintersaison dazu geführt, dass wir unsere Lager-Rekordbuchungen nur auf dem Papier realisieren konnten, da letztlich sämtliche Lager annulliert wurden. Bekannt dafür, immer Lösungen zu bieten, haben wir für den Frühsommer als Ersatz «Go(s)NOW» Lager in den Bergregionen angeboten. Aktiv-Lager in den Bergen, mit vielfältigem Lagerprogramm und das alles noch im laufenden Schuljahr (also vor den Sommerferien). Für diese Adaption an die aktuelle Lage erhielten wir begeisterte Rückmeldungen von Destinationen und Lehrpersonen. Leider verlief die Pandemie im Frühling nicht wie gewünscht und die Kantone haben ihre Lagerverbote für Schulen kaum aufgehoben. Daher wurden auch nur wenige dieser GoNOW Lager gebucht. Trotzdem bin ich stolz auf diese Aktion und es zeigt einmal mehr, wie agil und adaptiv die Schneesportinitiative und vor allem alle unsere Partner sind.
Unser Motto «Veränderung willkommen» schien im letzten Jahr sehr stark auch auf uns selber zu wirken: So hatten wir einen grossen Wechsel im Vorstand. Einige Mitglieder der ersten Stunde sind ausgeschieden. Ich vermisse diese Gründungsmitglieder (und vor allem die Menschen dahinter) sowie deren Wirken und möchte allen aus tiefstem Herzen danken für den gemeinsamen Weg und ihr ungebremstes Engagement. Motiviert schauen wir in die Zukunft, die auch neue Chancen bietet. Besonders freut es mich, neu als Vizepräsidentin die ehemalige Ski-Halfpipe-Athletin und Präsidentin des Organisationskomitees der Olympischen Jugend Winterspiele 2020 von Lausanne, Virginie Faivre, gewonnen zu haben. Speziell in der Romandie wollen wir unser Wirkungsfeld ausweiten und noch aktiver werden. Unsere angepasste Strategie sieht aber auch eine stärkere Fokussierung auf die Aus- und Weiterbildung der Lehrpersonen vor. Wir möchten sie nicht nur mit unseren Angeboten auf GoSnow.ch unterstützen, sondern ihnen bereits in der Ausbildung Freude an Lagern vermitteln und das nötige Rüstzeug zur Organisation mitgeben. Ganz generell wollen wir die Wertschätzung für diese Arbeit von Lehrpersonen fördern. Mit neuen Angebotsformen – teilweise auch ausserhalb der Wintersaison – möchten wir ausserdem neue Zielgruppen von Lehrpersonen erreichen und sie so Schritt für Schritt an Schneesportlager heranführen. Das wohl Wichtigste in dieser Hinsicht ist, alle bisherigen Shareholder sowie auch neue Mitglieder mit ins Boot zu holen, um erfolgreich unser gemeinsames Interesse zu verfolgen, die Kinder in die Natur und in die Berge zu bringen.
Jetzt bleibt zu hoffen, dass sich Kinder diesen Winter wieder angstfrei und unbegrenzt zusammen in der Natur, im Schnee bewegen und begegnen können. Wir alle können unseren Teil dazu beitragen, immer mit dem Blick für das grosse Ganze und in die Zukunft. Und wer bitte prägt unsere Zukunft? In jeder Beziehung und auf allen Ebenen sind es unsere Kinder und Jugendlichen. Wir als Schneesportinitiative wollen unseren Beitrag leisten und ihnen zu unvergesslichen Erlebnissen in der Natur verhelfen.
Ja, wir sind bereit, jetzt mehr denn je, diese wirklich wichtige Aufgabe mit der nötigen Ernsthaftigkeit aber auch viel Spass anzugehen, die Verantwortung zu übernehmen und mitzugestalten beim Bau der neuen, soliden, individuellen und gesellschaftlichen Fundamente. Nehmen ich uns zu wichtig?
Nein! Ich bin der Meinung, die Zukunft MUSS eine GEMEINSAME sein. Trennende Elemente müssen wir verringern und das Verbindende in JEDER Sache suchen und leben.
Eure Tanja